Wels bleibt auf Energiestadt-Kurs
Vorgeschichte
Ins Leben gerufen wurde das Projekt ebenfalls via Gemeinderatsbeschluss im November 2008. Es baute auf dem Energiesparkonzept 1997, den Energieberichten 2002 und 2007 sowie der Energiedeklaration 2003 und der Passivhausdeklaration 2008 auf. Hauptziel war die schrittweise Verminderung fossiler Energieträger im Strom- und Wärmebereich als Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Gleichzeitig sollte eine Steigerung der Lebensqualität und der Wirtschaftsdynamik erreicht werden.
Evaluierung
Das Projektteam erarbeitete mit Partnern (eww Gruppe, Fachhochschule Wels, Klimabündnis etc.) für die acht Bereiche Wärme, Strom, Mobilität, Footprint, Öffentlichkeitsarbeit, Organisation, Bewusstseinsbildung und Ernährung insgesamt 32 Maßnahmen. Diese sollten laut Gemeinderatsbeschluss im Rahmen der finanziellen oder personellen Ressourcen umgesetzt werden. Ein Überblick über die Verwirklichung ab 2014 zeigt Folgendes: 18 Maßnahmen wurden vollständig sowie acht weitere sinngemäß oder teilweise umgesetzt. Lediglich bei vier war dies nicht der Fall, zwei weitere konnten aus externen Gründen nicht evaluiert werden. Im Folgenden sind ausgewählte Umsetzungen aufgelistet.
Details
Beim Themenkreis Wärme ist vor allem der Teilbereich der Fernwärme hervorzuheben. Die eww Gruppe verfolgt seit 2008 einen kontinuierlichen Ausbau des Netzes und der versorgten Haushalte in Wels-Stadt. Die untersuchten Kennzahlen belegen die erfolgreiche Umsetzung dieser Fernwärmeoffensive: Von 2014 bis 2019 ist die Länge der Leitungen um nahezu 22 Prozent auf mehr als 75 Kilometer angewachsen. Die Anzahl der Kundenanlagen erhöhte sich in den untersuchten fünf Jahren um 78 auf 1.167, und die Wärmemenge wuchs um fast 15 Prozent auf mehr als 191 Gigawattstunden. Weiter erhöht hat sich auch der Anteil der Abfallverbrennung der Energie AG Umweltservice (ex-WAV) im Fernwärmenetz, und zwar um mehr als 7 Prozent auf mehr als 78 Prozent. 2021 soll dieser Wert bei mehr als 80 Prozent liegen. Dazu soll auch eine zweite Fernwärme-Transportleitung durch die Gebiete Schafwiesen, Pernau und Neustadt beitragen.
Besonders gut steht die Stadt Wels im Themenkreis Strom da: Hier ist es gelungen, alle drei Projektmaßnahmen in die Tat umzusetzen. Am öffentlichkeitswirksamsten war dabei sicherlich die Erneuerung des Wasserkraftwerks Traunleiten: Das mit einer Investition von 48 Mio. Euro größte Projekt in der Unternehmensgeschichte der eww Gruppe brachte eine Leistungssteigerung von rund 80 Prozent auf 18 Megawatt und eine Einsparung von rund 85.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Weiters beträgt der Anteil an erneuerbarer Energie am gesamten Stromangebot der Wels Strom GmbH seit 2019 wie vorgesehen 100 Prozent, und die Anzahl der Photovoltaikanlagen im Stromnetz hat sich in den untersuchten fünf Jahren um fast 74 Prozent auf 559 erhöht.
Im Themenkreis Mobilität ist die laufende Fuhrparkerneuerung bei der Stadt Wels zu nennen: Die neuen Fahrzeuge entsprechen alle der neuesten Abgasnorm Euro 6. Statt des im Projekt vorgesehenen Leihradsystems bieten nun mehrere Betreiber E-Scooter zum Ausleihen an. Das E-Carsharing von Wels Strom umfasst mittlerweile vier Elektroautos zur gemeinsamen Benutzung. Von diesen ersetzt hochgerechnet eines bis zu acht herkömmliche Fahrzeuge. Mittlerweile gibt es in ganz Wels 30 Stromtankstellen. Schließlich errichtete die Stadt Wels von 2013 bis 2020 rund 60 Kilometer neue Radwege und fünf Kilometer Mehrzweckstreifen. In der Stadtregionalen Strategie und im Gesamtverkehrskonzept ist das Fahrrad als umweltfreundliches Fortbewegungsmittel ein zentraler Bestandteil.
Der ökologische Fußabdruck – auch Footprint genannt – ist jene Fläche auf der Erde, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen dauerhaft zu ermöglichen (Produktion von Kleidung und Nahrung, Bereitstellung von Energie, Entsorgung von Abfall etc). Hier gab es verschiedene Projekte mit städtischen Bildungseinrichtungen mit dem Schwerpunktthema „reparieren statt wegwerfen“ sowie – auch in den Themenkreis Öffentlichkeitsarbeit hineinspielend – von 2014 auf 2015 eine Testgruppe mit rund 30 freiwilligen Teilnehmern. Diese „Footprint-Pioniere“ schafften es, ihren ökologischen Fußabdruck um bis zu 30 Prozent zu reduzieren. Weiters sind das Welios (Weliosplatz 1) und die jährliche Energiesparmesse wichtige Faktoren in der Öffentlichkeitsarbeit.
Der Themenkreis Organisation kann mit der Umsetzung des Energiemanagements in der Dienststelle Facility Management sowie der Aufnahme von Energie-Effizienz-Kriterien im Beschaffungswesen der Dienststelle Zentraler Einkauf aufwarten. Zudem folgte in der Dienststelle Stadtentwicklung im Jahr 2019 Ing. Birgitt Wendt dem in den Ruhestand gegangenen Peter Ströher als städtische Umweltbeauftragte nach. Sie nimmt seitdem auch die Rolle einer Klimaschutzbeauftragten wahr und bringt sich bei diversen Planungen (Raumordnung, Freiräume, Bebauungen, Baumpflanzungen etc.) ein. Weiters unterstützt sie die Welser Bildungseinrichtungen bei deren Umweltprojekten.
Ebenfalls in die Zuständigkeit der Umwelt- und Klimaschutzbeauftragten fällt der Themenkreis Bewusstseinsbildung. Hier ist es wichtig, bereits im Kindesalter anzusetzen. Dies geschieht etwa mit der Flurreinigungsaktion „Sauberes Wels“, dem Umweltschutzpreis der Stadt sowie – auch für die Erwachsenen – mit dem Projekt und der Stadtzielsetzung einer plastikfreien Stadt 2019. Im Themenkreis der Ernährung stand schließlich die Reduktion von tierischen Produkten sowie die Erhöhung des Anteils von pflanzlichen Nahrungsmitteln aus biologischer und regionaler Produktion in den städtischen Ausspeisungen auf dem Plan. Dies ist in der Zentralküche Wimpassing (für die Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen), in der Küche der Seniorenbetreuung – beide führen das Zertifikat „Gesunde Küche“ – sowie in den städtischen Kantinen gelungen.
Schlussfolgerungen
Wie eingangs bereits erwähnt, wurden die meisten der im Projekt angeführten Maßnahmen umgesetzt. Darüber hinaus hat die Stadt Wels zahlreiche weitere Schritte zur Erreichung der Klimaziele gesetzt, die nicht Gegenstand des Projektes Energiestadt Wels – und somit auch nicht Gegenstand der aktuellen Evaluierung – waren. Nachstehend einige Beispiele:
• Ersatz von Erdgas durch Fernwärme (daher Schließung Fernheizkraftwerk Lichtenegg)
• Aktionen von Wels Strom zum Umstieg auf LED-Beleuchtung für Private und Unternehmen
• Erste Fahrrad-Modellregion in Österreich im Großraum Wels
• Beschluss von Leitlinien für den Radverkehr in der Stadt Wels
• Telematik-Fahrdatensysteme für 15 Stadtbusse (erspart rund 356 Megawattstunden im Jahr)
• Aktion Bienenfreundliche Gemeinde zum Schutz dieser (lebens)wichtigen Insekten
• Pflanzung von 2.500 zusätzlichen Bäumen im Zuge des Projektes Baumstadt Wels
• Berücksichtigung großzügiger Freiflächen im Örtlichen Entwicklungskonzept, im Freiraumrahmenplan und in den Entwicklungskonzepten für neue Stadtteile beziehungsweise Areale
Schließlich gab es in den vergangenen Jahren in einigen der Themenkreise zahlreiche neue Erkenntnisse, die zum Zeitpunkt des Projektabschlusses noch nicht bekannt waren. Ein Beispiel dafür ist das Thema Wasserstoffantrieb im Mobilitätsbereich. Eine Arbeitsgruppe soll nun diese Aspekte in die bisher gewonnenen Ergebnisse einarbeiten und daraus sinnvolle Zukunftsmaßnahmen für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 entwickeln.
Zitate
Bürgermeister Dr. Andreas Rabl: „Wir denken an morgen! Wels setzt sich kontinuierlich für eine effiziente Nutzung von Energie, für den Klimaschutz, erneuerbare Energien und umweltverträgliche Mobilität ein. Wir haben in den vergangenen Jahren vieles geschafft, und auch für die Zukunft stehen bereits Projekte am Programm. Mit der Umsetzung des Energiestadt-Projektes gestalten wir eine nachhaltige Zukunft für unsere Kinder.“
Umweltreferentin Vizebürgermeisterin Silvia Huber: „Durch die Umsetzung des Energiestadt-Projektes und darüber hinaus ist in Wels in den vergangenen Jahren einiges im Umwelt- und Klimabereich weitergegangen. Für die Zukunft wünsche ich mir die bereits im Projekt vorgesehene Klimaschutzleitstelle der Stadt mit entsprechender personeller und finanzieller Ausstattung. Dann ist sicher noch mehr möglich!“
Bildhinweise: Stadt Wels (bei Nennung Abdruck honorarfrei).