Wels eröffnet Sonderausstellung zum 800-Jahr-JubilÀum
Hintergrund
Der Babenberger-Herzog Leopold VI. lieĂ eine Urkunde ausstellen, die auf das Jahr 1222 datiert ist. Darin wird Wels erstmals als âcivitasâ (lateinisch fĂŒr âStadtâ) bezeichnet. 800 wechselvolle Jahre sind seither vergangen. Ausgehend von den Sammlungen der Stadtmuseen zeigt die Sonderausstellung das Werden einer Stadt, die sowohl Epochen des Wohlstandes, aber auch Zeiten tiefgreifender Verluste erlebte. Dabei wird der geschichtliche Bogen bis zurĂŒck in die Zeit der Römer gespannt: Kaiser Hadrian erhob Ovilava, wie die Siedlung an der Traun damals hieĂ, 122 in den Rang einer Stadt nach römischem Recht (âmunicipiumâ). Jahrhunderte spĂ€ter erstand auf deren Ăberresten die Stadt Wels.
Zahlreiche Objekte, Modelle und mediale Einrichtungen geben einen Ăberblick ĂŒber das Werden der Stadt: Von ihren UrsprĂŒngen im Mittelalter ĂŒber die groĂen VerĂ€nderungen des 19. Jahrhunderts bis hin zu ihrer heutigen Ausdehnung. Original-Einrichtungen aus der Welser Handels- und Wirtschaftsgeschichte sind zu sehen. Themen, wie Verkehr, BĂŒrgertum, Handwerker und ZĂŒnfte, Handel und MĂ€rkte, Vereinsleben oder Verwaltung ergeben wie Puzzleteile ein eindrucksvolles Bild. Die Geschichte von Wels ist vor allem die Geschichte von unzĂ€hligen Menschen, die die Stadt zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Generationen von Frauen und MĂ€nnern haben mit ihrem Erfindergeist und Ehrgeiz, ihrem Mut, ihren TrĂ€umen und Erwartungen die Geschichte dieser Stadt geprĂ€gt.
Die Ausstellung vermittelt an insgesamt drei Standorten, nÀmlich
âą Burg (Burggasse 13),
âą Minoriten (Minoritenplatz 4) und
âą SchieĂerhof (ebendort)
vorrangig die historischen und kulturell gewachsenen Strukturen der eigenen unmittelbaren Umgebung. Ausgehend von den bestehenden Dauerausstellungen wurden zusĂ€tzliche Themen der Stadtgeschichte in die PrĂ€sentationen eingebaut. Somit lernen einerseits die Welser neue historische Aspekte ihrer Stadt kennen, andererseits bekommen ĂŒberregionale Besucher das Bild der Welser Stadt-Werdung umfassend vermittelt und das VerstĂ€ndnis fĂŒr ihr Werden gefördert wird.
Burg: Von der Stadtwerdung zur Zukunft von Wels
Im Sonderausstellungsteil im Stadtmuseum Burg ist jedem Raum ein bestimmtes Motto zugeordnet, das die Welser Stadtwerdung veranschaulicht. Somit ergibt sich beim Rundgang folgender Ablauf:
âą Wir sind die Stadt: Wichtige Dokumente der Stadtwerdung (eines pro Jahrhundert) samt Chronik mit ausgewĂ€hlten Ereignissen ĂŒber 800 Jahre Stadtgeschichte.
âą Grenzen der Stadt: Von TĂŒrmen, Toren und Mauern bis zum StraĂenschild.
âą Wem gehört die Stadt?: Von den LandesfĂŒrsten bis zu den BĂŒrgermeistern.
âą BĂŒrger und BĂŒrgerinnen: Was macht einen BĂŒrger aus? Beispiele von Reichtum und kunstvoller Gestaltung im Lauf der Jahrhunderte.
âą Symbole der Stadt: Rechts- und Herrschaftssymbole von Stadtsiegel bis Logo.
âą Handwerk und Religion/Adel und Klerus: Zahlreiche ZunftgegenstĂ€nde und -zeichen zeugen von der FĂŒlle an unterschiedlichem Handwerk in der Stadt.
âą Aufbruch ins BĂŒrgertum: Die Welser BĂŒrger und BĂŒrgerinnen als Mitglieder des Vereinslebens, politische Vertreter sowie Gewerbetreibende und Fabrikanten.
âą Die Stadt im Wandel: Ăbereinander schiebbare PlĂ€ne verdeutlichen die Stadtentwicklung, ein Rundpanorama ermöglicht einen Blick auf die Stadt im Jahr 1851.
âą Fabriken in der Stadt: Hier wird die zunehmende Industrialisierung im Verlauf des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts dokumentiert.
⹠Neue Strukturen: Eine als Bodenteppich begehbare Flugaufnahme veranschaulicht die stÀdtebauliche Entwicklung von Wels in den vergangenen 60 Jahren.
âą Wels im Film: Mehr als 30 historische Filmaufnahmen von 1925 bis 1985.
⹠Handel/Wels die Einkaufsstadt: Neben dem Kolonialwarenladen Blaimschein symbolisieren Papier- und Plastiksackerl von historischen Welser GeschÀften die rege Einkaufsstadt.
âą MĂ€rkte/Welser Volksfest: Markt- und Jahrmarkterinnerungen mittels Objekten und Fotos.
âą Most-Wirtshaus: Das ehemalige Mostwirtshaus Stuckwirt in der FabrikstraĂe weist auf die groĂe Bedeutung der ObstbaummĂ€rkte und des Fassbinder-Gewerbes in Wels hin.
âą Vereine: Von 661 derzeit in Wels gemeldeten Vereinen wurden sieben stellvertretend fĂŒr unterschiedliche Sparten und Zielsetzungen ausgewĂ€hlt.
⹠Gast- und WirtshÀuser/Botenwesen: Bedeutung und Notwendigkeit von GasthÀusern.
⹠Wels im Spiegel der Medaille: AusgewÀhlte Medaillen, Anstecknadeln und Abzeichen erzÀhlen von historischen Ereignissen und JubilÀen sowie gesellschaftlichen Begebenheiten.
⹠Wels weiter denken: Acht Personen unterschiedlichen Alters wurden zur Zukunft von Wels befragt. An Hörstationen sind ihre Visionen, TrÀume und Vorstellungen nachzuhören.
Der Rundgang ist reich an Höhepunkten: Neben der erwĂ€hnten Urkunde aus dem Stift Lambach mit der ersten Nennung als Stadt sind das 300 weitere Archivalien aus dem Stadtarchiv, die Darstellung des ersten BĂŒrgermeisters Hieronymus Huebmer, Originalfresken aus der Spitalskapelle und einem Stadtplatzhaus um 1500, die erste Volkstanzdarstellung Ăsterreichs sowie â wie oben bereits erwĂ€hnt â die ZunftgegenstĂ€nde, das 360 Grad-Rundpanorama von 1851, die begehbare Flugaufnahme von 1962 mit markanten Objekten der Gegenwart, die historischen Filmaufnahmen sowie die historischen Fotos vom Markt- und Volksfestgeschehen.
Minoriten: Die Stadt zur Zeit der Römer
2022 feiert Wels auch die Erhebung zur römischen Stadt. Kaiser Hadrian (117 bis 138 nach Christus) verlieh der Siedlung an der Traun vermutlich im Jahr 122 â also vor 1900 Jahren â das römische Stadtrecht und erhob sie somit zum âmunicipium aelium Ovilavaâ. Das Stadtmuseum Minoriten hat zu diesem JubilĂ€um die Dauerausstellung umgestaltet und zeigt ausgewĂ€hlte Objekte aus archĂ€ologischen Grabungen in Wels, die das Leben in einer römischen Stadt unterstreichen und ausmachen.
Als Einstimmung sind namentlich bekannte Welser der Römerzeit auf kĂŒnstlerische Weise zu sehen. Auch die Kaiser, die fĂŒr die Stadtentwicklung Ovilavas maĂgeblich waren, werden gewĂŒrdigt: Zu sehen sind MĂŒnzportrĂ€ts der Kaiser Hadrian, Caracalla, Maximinus Thrax und Diokletian.
Die Funde aus den Ausgrabungen im Minoritenkloster zeigen die Bedeutung des Ausstellungsortes als Wohnhaus des Statthalters. Mosaike, Wandmalereien und BruchstĂŒcke von Statuen belegen, dass sich viele BĂŒrger von Ovilava einen gehobenen Lebensstandard leisten konnten. Davon zeugen auch zahlreiche von weither importierte Produkte, wie Keramik oder Lebensmittel (z.B. Austern).
Alle diese Faktoren machte Ovilava auch als Alterssitz fĂŒr Veteranen der römischen Armee attraktiv. Diese brachten vielfach orientalische Glaubensvorstellungen mit und trugen so zur multikulturellen Gemeinschaft der Stadt bei. Neben den Veteranen lebten auch aktive Soldaten, einheimische Kelten und zugezogene römische BĂŒrger in Ovilava. Belegt wird dies von schriftlichen Zeugnissen und Statuetten verschiedenster Götter.
In der GrĂ€berstraĂe beleuchten die Inschriften, welche der Verstorbenen wichtige Ămter in der Stadt innehatten. So finden sich darunter drei BĂŒrgermeister, mehrere höhere Soldaten sowie ein Beneficiarier (eine Art MilitĂ€rpolizist).
In der Sigmarkapelle werden anhand der mittelalterlichen Fresken Vergleiche zu Darstellungen antiker Götter gezogen. So geht die Darstellung von Maria mit dem Jesuskind zurĂŒck auf Ă€gyptische Bildnisse der Isis mit dem Horusknaben.
Der letzte Teil der Ausstellung wirft schlieĂlich einen Blick auf die Hinterlassenschaften der Römer: âWie prĂ€gten sie Wels, was blieb vom römischen Wels?â lautet hier die Frage.
Ein Höhepunkt des römischen Teiles der Sonderausstellung ist sicherlich die erstmalige öffentliche PrÀsentation der Statuette des Merkur, die bei den Grabungen in der VKB-Bank am Kaiser-Josef-Platz 2021 gefunden wurde.
Zudem wird die Dauerausstellung ab nun von der Kopie eines Grabsteines bereichert, der in Wallsee in Niederösterreich gefunden wurde. Die Inschrift liefert einen wichtigen Beleg zur Geschichte des römischen Ovilava: Denn der Besitzer ist mit Publius Aelius Sextinus der einzige namentlich bekannte BĂŒrgermeister aus jener Zeit, als Ovilava municipium war.
Die BruchstĂŒcke einer monumentalen Reiterstatue aus Bronze werden in den Kontext einer kĂŒnstlerischen Rekonstruktion gestellt und somit fĂŒr den Besucher besser verstĂ€ndlich prĂ€sentiert.
SchieĂerhof: Krisen und Katastrophen
Im SchieĂerhof-Trakt der Minoriten werden schlieĂlich die Katastrophen thematisiert, die in den vergangenen Jahrhunderten ĂŒber Wels hereingebrochen sind. Den Anfang machen die kriegerischen Auseinandersetzungen der vergangenen 2.000 Jahre. PrĂ€sentiert werden archĂ€ologische FundstĂŒcke aus mehreren Jahrhunderten. Im KellergeschoĂ wird das 20. Jahrhundert nĂ€her beleuchtet. Drei Pylone mit Audio-Text-Bild-Installationen fĂŒhren die Besucher vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg.
Feuer und Wasser begleiten den Besucher ins ObergeschoĂ. Zahlreiche Fotos belegen groĂe Ăberschwemmungen und die daraus resultierenden Zerstörungen. Auch BrĂ€nde suchten die Stadt immer wieder heim. Das eindrucksvolle GemĂ€lde vom Brand der Minoriten zeugt vom gröĂten Brand des 18. Jahrhunderts. Zahlreiche Leihgaben der Freiwilligen Feuerwehr Wels erzĂ€hlen die Geschichte der BrandbekĂ€mpfung. Mit Krankheiten und Seuchen findet sich ein aktuelles Thema im letzten Teil dieses Ausstellungsteiles. Hier spannt sich der Bogen vom Mittelalter ĂŒber die Neuzeit bis zur Gegenwart.
Ăffnungszeiten, FĂŒhrungen und Vermittlungsprograme
Zu sehen ist die Sonderausstellung âWels 800 â Geschichte einer Stadtâ von Freitag, 13. Mai bis inklusive Sonntag, 30. Oktober zu den ĂŒblichen Ăffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10:00 bis 17:00 Uhr, Samstag 14:00 bis 17:00 Uhr, Sonn- und Feiertag 10:00 bis 16:00 Uhr. Wer alle drei Ausstellungen besuchen möchte, erhĂ€lt gegen Vorlage eines Tickets ermĂ€Ăigten Eintritt an den jeweiligen weiteren Standorten. FĂŒhrungen und museumspĂ€dagogische Angebote (siehe unten) sind gegen Voranmeldung auch auĂerhalb der Ăffnungszeiten möglich.
Neben dem individuellen Besuch der Ausstellung ist es natĂŒrlich jederzeit möglich, einen gefĂŒhrten Rundgang durch die Sonderausstellung zu buchen. Schwerpunkt und Dauer der FĂŒhrungen werden dabei den persönlichen WĂŒnschen der Besucher angepasst. In beiden Museen gibt es auch Vermittlungsprogramme fĂŒr SchĂŒler mit einer Dauer von jeweils etwa zwei Stunden.
In der Burg wendet sich das Vermittlungsprogramm âEine Stadt fĂŒr uns!â speziell an Acht- bis ZwölfjĂ€hrige. AusgewĂ€hlte Ausstellungsschwerpunkte stellen die historische Stadt und ihre Menschen vor. Anhand der vier Themen Arbeit, Freizeit, Wohnen und Verkehr werfen die SchĂŒler einen Blick in die Vergangenheit. Sie vergleichen das Erfahrene mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit und ĂŒberlegen sich WĂŒnsche und Erwartungen fĂŒr die Zukunft der Gesellschaft.
In den Minoriten wurde das bewĂ€hrte Vermittlungsprogramm âNĂŒssespiel und Kreidepuderâ fĂŒr die Sonderausstellung adaptiert und erweitert. Zielgruppe sind auch hier die Acht- bis ZwölfjĂ€hrigen. Anhand verschiedener Themen, wie Schulwesen, Arbeit, Freizeit, Wohnen und Bekleidung werfen die SchĂŒler einen Blick in die Vergangenheit einer römischen Stadt. Das begehbare römische Haus gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Bereiche des Alltagslebens.
NĂ€here Informationen zur Sonderausstellung âWels 800 â Geschichte einer Stadtâ gibt es unter wels.at/800jahre im Internet. Buchungen von FĂŒhrungen und Vermittlungsprogrammen sind unter Tel. +43 7242 235 7350 oder per E-Mail unter m@wels.gv.at möglich.
Zitate
BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl: âDie Sonderausstellung âWels 800 â Geschichte einer Stadtâ ist ein absolutes Highlight in unserem JubilĂ€umsjahr. Unsere Geschichte zu kennen, hilft uns Prozesse und Herausforderungen der Gegenwart besser zu verstehen. Ich bedanke mich bei allen, die die Ausstellung organisiert haben, und wĂŒnsche allen GĂ€sten viel VergnĂŒgen und interessante Entdeckungen.â
Stadtrat Dr. Martin Oberndorfer (Wirtschaft und Wissen): âDie Sonderausstellung zeigt eindrĂŒcklich die Entwicklung der Stadt und das Leben ihrer Bewohner. Besonders interessant ist dabei, wie die BĂŒrger dieser Stadt in der Vergangenheit Höhen und Tiefen erlebten und mit Herausforderungen umgingen. Besucher der Schau erwartet eine spannende Zeitreise durch die Jahrhunderte.â
Bildtext Gruppenbild:
V.r. Mag. Karin Bachschweller (Dienststelle Kulturservice - Stadtarchiv), BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl, Mag. Ingeborg Micko (Dienststelle Kulturservice - Stadtmuseen), Stadtrat Dr. Martin Oberndorfer (Wirtschaft und Wissen), Dr. Renate Miglbauer (Leiterin Dienststelle Kulturservice) sowie Dr. Dorin Prenn (Gestalterin Ausstellung) und Mag. Angelika Doppelbauer (Gestalterin Vermittlungsprogramme).
Bildhinweise: Stadt Wels (bei Nennung Abdruck honorarfrei).