Wels feiert zwei Kultur-JubilÀen
120 Jahre Stadttheater Greif
1904 erschien das vorherige Welser TheatergebĂ€ude an der Ostseite des Kaiser-Josef-Platzes aus verschiedensten GrĂŒnden nicht mehr geeignet. Ein kleiner Brand im Jahr 1903 gab in der (ohnedies in dieser Beziehung durch den verheerenden Brand des Wiener Ringtheaters 1881 sensibilisierten) Ăffentlichkeit den Ausschlag zur Ăbersiedlung. Das fĂŒr das Theater zustĂ€ndige Gemeindeausschussmitglied hatte aus Protest ĂŒber die ZustĂ€nde des BĂŒhnenraumes seine Stelle zurĂŒckgelegt, worauf BĂŒrgermeister Dr. Johann Schauer das alte Theater gleich zur GĂ€nze sperrte.
Innerhalb kĂŒrzester Zeit wurde die Ăbersiedlung in den Fest- und Konzertsaal des âHotels zum Greifenâ (damals erstes Haus am Platz) beschlossen und der Saal in Rekordzeit zum Theatersaal umgebaut. 1916, also mitten im Ersten Weltkrieg, gab es sogar Verhandlungen bezĂŒglich eines neuerlichen Umbaus in ein 1.200 PlĂ€tze fassendes reprĂ€sentatives Theater. Das Projekt wurde aber nie verwirklicht, und es blieb beim teilweise denkmalgeschĂŒtzten 620 PlĂ€tze-Saal. Im Zweiten Weltkrieg, nĂ€mlich am 25. Dezember 1944, wurde das Theater von sieben Bomben getroffen und total zerstört.
Der Wiederaufbau erfolgte nach Kriegsende in den Jahren 1946 bis 1948. Ab diesem Zeitpunkt startete auch der bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts laufende Kinobetrieb, der Dienstag war âTheatertagâ. 1957 wurde die BĂŒhne durch den Einbau einer DrehbĂŒhne und des vorgeschriebenen âEisernen Vorhangesâ modernisiert. 1988 erfolgte ein gĂ€nzlicher Neubau des BĂŒhnenhauses samt Garderoben und 23 Meter hohem SchnĂŒrboden. Dabei stellte sich heraus, dass die BĂŒhnentĂŒrme beidseitig auf einem Fundament aus Römerschutt ruhten.
1989 pachtete schlieĂlich die Stadt Wels langfristig das Stadttheater. Seither ist es fĂŒr Theater- und Konzertveranstaltungen, PrĂ€sentationen sowie reprĂ€sentative kulturelle und gesellschaftliche AnlĂ€sse im Einsatz. Das 110-jĂ€hrige JubilĂ€um wurde 2014 gebĂŒhrend gefeiert: Eine Festschrift, ein Promenaden-Konzert nach britischem Vorbild und die Musiktheater-Revue â5 vor 12â (ein Video davon ist nach wie vor verfĂŒgbar) lĂ€uteten die nĂ€chsten Jahrzehnte ein.
Der wohl zukunftsweisende Einschnitt erfolgte 2016 mit dem Ankauf der Immobilie durch die Stadt. Der Mittelteil des mittlerweile ehemaligen Hotels Greif wurde abgerissen und an der Adresse RainerstraĂe 2 ein modernes AmtsgebĂ€ude errichtet. Und zwar ĂŒber dem historischen Stadttheater: Dieses blieb erhalten und wurde ab 2019 umfassend saniert. Zuvor hatten Interessierte die Möglichkeit gehabt, unter anderem alte Theatersessel zu erwerben.
In der Saison 2019/2020 fanden die VorfĂŒhrungen unter anderem an den Ausweich-Spielorten Stadthalle, Pfarrsaal Vogelweide und â natĂŒrlich samt Bustransfer â Stadtsaal Vöcklabruck statt. Zwar waren die Bauarbeiten planmĂ€Ăig 2020 beendet, die feierliche Wiedereröffnung samt Ehrenring-Verleihung an Maestro Franz Welser-Möst folgte pandemiebedingt erst am Donnerstag, 16. September 2021.
Eingebunden in das neue AmtsgebĂ€ude Greif hat das Stadttheater an AttraktivitĂ€t stark gewonnen. Mit dem groĂen Foyer, den neuen AkustikmaĂnahmen, der modernen Bestuhlung, einem SchnĂŒrboden mit allen technischen Voraussetzungen sowie umfassenden Investitionen in die Technik ist das Haus fĂŒr die kommenden Jahre gerĂŒstet.
Das zeigt sich auch an der postpandemischen Buchungslage: Mit einer Gesamtauslastung von fast 50 Prozent im Jahr 2023 ist das Stadttheater wieder fast auf dem Niveau vor Umbau und Pandemie. ZusÀtzlich ankurbelnd haben dabei sicherlich die beiden kostenlosen Saisonen 2023/2024 bei den Theaterabonnements sowie zuvor 2022/2023 bei den Abonnementkonzerten gewirkt.
20 Jahre Welser Abonnementkonzerte
Diese feiern in der Saison 2023/2024 ihr 20-jĂ€hriges Bestehen. Neben zahlreichen Orchestern und KĂŒnstlern, die seit Oktober 2023 aufgetreten waren, gastiert am Montag, 3. Juni das TonkĂŒnstler Orchester Niederösterreich im Stadttheater Greif zum Festkonzert. Beim Wels-DebĂŒt des Orchesters im Rahmen der Abo-Konzerte steht die junge deutsch-japanische Dirigentin Erina Yashima am Pult. Diese wird gemeinsam mit dem Geiger Benjamin Herzl das 1. Violinkonzert von Max Bruch auf die BĂŒhne zaubern und mit der 6. Sinfonie von Antonin Dvorak einen fulminanten Schlusspunkt setzen.
Die Abonnementkonzerte bilden seit 20 Jahren unter der Intendanz von Helmut Schmidinger die Fortsetzung der einstigen stĂ€dtischen Orchester-Konzerte des Vereins âKulturringâ (klassische Kammermusik) und des Vereins âmusica ex temporeâ (zeitgenössische Kammermusik) unter einem inhaltlichen und dramaturgischen Dach. Dies ermöglicht auch eine sinnvolle terminliche Abstimmung.
Hinzu kamen seither zwei neue Reihen: NĂ€mlich Preludio al concerto als Ort fĂŒr die nĂ€chste Generation an KĂŒnstlern in Kooperation mit der Landesmusikschule Wels und als jĂŒngstes âKindâ die Reihe Jeux als Ort fĂŒr Programme zwischen allen stilistischen StĂŒhlen. GroĂer Beliebtheit erfreuen sich die KonzerteinfĂŒhrungen in Form von KĂŒnstlergesprĂ€chen vor den Orchesterkonzerten, wenn Dirigenten, Musiker oder Komponisten Einblicke in ihre Sicht auf das Programm geben.
Wels und die Abonnementkonzerte waren und sind Gastgeber von namhaften KĂŒnstlern und Orchestern. Die nachstehende â lange nicht vollstĂ€ndige â AufzĂ€hlung ist gewissermaĂen ein âWho is Whoâ der hochkarĂ€tigen Musikszene:
Dirigenten: Dennis Russell Davies, Markus Poschner, Vladimir Fedoseyev, Adam Fischer, Andres Orozco-Estrada etc.
Solisten: Ildiko Raimondi, Christian Altenburger, Sharon Kam, Markus Schirmer, Julia Stemberger, Nicolas Altstaedt, Wolfgang Holzmair etc.
Orchester: Bruckner Orchester Linz, Mozarteumorchester Salzburg, TonkĂŒnstler-Orchester Niederösterreich, Festival Strings Lucerne, WĂŒrttembergische Philharmonie Reutlingen etc.
Komponisten: Krzysztof Penderecki, Herbert Willi, Kurt Schwertsik, Ivan Eröd, Thomas Daniel Schlee, Gerd KĂŒhr, Josef Friedrich Doppelbauer, Kalevi Aho, Manuela Kerer etc.
Drei volle GĂ€stebĂŒcher mit Wortspenden, Minikompositionen (Kalevi Aho) und Zeichnungen zeugen von der persönlichen Beziehung der KĂŒnstler zu den Welser Abonnementkonzerten.
Ein Markenzeichen der Abonnementkonzerte ist das jeweilige Jahresmotto, das auch die Grundlage der âkomponiertenâ Programme liefert. Dies entspricht der Logik, wenn der Intendant schon Komponist ist. Ă propos: In der Regel erlaubt der Intendant Schmidinger dem Komponisten Schmidinger einen Startplatz pro Saison. Das Motto und den Spielplan der Abonnementkonzerte 2024/2025 gibt es â wie auch den Theaterspielplan der kommenden Saison â in KĂŒrze in einem eigenen PressegesprĂ€ch.
Zitate
Kulturreferentin VizebĂŒrgermeisterin Christa Raggl-MĂŒhlberger: âWir feiern dieses Jahr zwei besondere JubilĂ€en im Kulturbereich: Einerseits das Stadttheater Greif, welches auf eine lange und geschichtstrĂ€chtige Vergangenheit zurĂŒckblicken kann, andererseits die Abonnementkonzerte, die seit 20 Jahren das kulturelle Leben in Wels bereichern. Ich bedanke mich bei allen Akteuren vor, hinter und auf der BĂŒhne, die nun schon seit so vielen Jahren zur kulturellen Vielfalt unserer Stadt beitragen.â