Wels ist erste österreichische Smart Sustainable City
UNO-Zertifikat
United for Smart Sustainable Cities â kurz U4SSC â ist eine Initiative der Vereinten Nationen (UNO). Zweck ist die Erreichung eines der 17 Ziele der UNO-Agenda 2030 fĂŒr nachhaltige Entwicklung, und zwar von Ziel 11 âNachhaltige StĂ€dte und Gemeindenâ. U4SSC soll als globale Plattform den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) fördern, um den Ăbergang zu intelligenten nachhaltigen StĂ€dten zu erleichtern.
ZustĂ€ndig ist die UNO-Organisation International Telecommunication Union (ITU): Diese hat bereits in mehr als 100 StĂ€dten auf der ganzen Welt U4SSC-Prozesse implementiert. Wels ist nun offiziell die erste Smart Sustainable City in Ăsterreich. Die Grafik unten bietet einen Ăberblick ĂŒber das Abschneiden der Stadt bei den Kennzahlen (KPI) in den drei ĂŒbergeordneten Dimensionen Wirtschaft, Umwelt sowie Gesellschaft und Kultur:

Die Ergebnisse zeigen, inwieweit Wels Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in seine öffentliche Infrastruktur und Dienste ĂŒbernommen hat. Die Stadt kann hier vor allem im Bereich Wirtschaft punkten. Potenzial fĂŒr Investitionen, Nachhaltigkeitsverbesserung und Integration von IKT besteht etwa bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Forschungs- und EntwicklungsaktivitĂ€ten, BeschĂ€ftigungsindikatoren und Stadtplanung.
Ăhnlich gut schneidet Wels im Bereich der Umwelt ab, wobei die meisten Indikatoren fĂŒr LuftqualitĂ€t, WasserqualitĂ€t, UmweltqualitĂ€t, GrĂŒnflĂ€chen, Abfallwirtschaft und Energie die Nachhaltigkeitsschwellen erfĂŒllen. SchlieĂlich ist auch die Mehrzahl der Indikatoren bei Gesellschaft und Kultur betreffend Bildung, Gesundheit, Kultur, Wohnen und Sicherheit im sprichwörtlichen grĂŒnen Bereich.
Im U4SSC City Snapshot sind die Resultate fĂŒr Wels dokumentiert. Dieser ist der erste einer Reihe von U4SSC-Berichten, in denen nun die Ergebnisse der Implementierung der U4SSC-Kennzahlen (KPIs) bewertet und schrittweise ausgearbeitet werden. Diese Berichte (Verifizierungsbericht, Factsheet und Fallstudie) bieten in weiterer Folge nĂŒtzliche Analysen, umsetzbare Empfehlungen und andere wichtige Erkenntnisse fĂŒr die kĂŒnftige Entwicklung der Smart Sustainable City Wels.
Ergebnis Potenzialanalyse
Im Vorfeld hatte die Stadt Wels die Firma Triple-A Analytics GmbH beauftragt, die bestehenden Ertragspotenziale der Stadt und deren zukĂŒnftige Entwicklungsmöglichkeiten zu analysieren und zu bewerten. Das wirtschaftswissenschaftliche Institut hat sich auf das Erkennen und Entwickeln bestehender Ertragspotenziale in Unternehmen, StĂ€dten und Gemeinden spezialisiert. Triple-A legt den Fokus nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die zukĂŒnftigen Potenziale, die sich aus der detaillierten betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Analyse ergeben.
Die Triple-A Methode âSmart Sustainable Evaluationâ ermöglicht es, die Ausgangssituation von Kommunen und Regionen sowie deren Strategien zu analysieren. Weiters zeigt sie auf, wie diese Strategien mit den spezifischen Zielen â die den Nachhaltigkeitszielen der UNO (Sustainable Development Goals, kurz SDG) und den Vorgaben des European Green Deals der EU entsprechen â vereinbar und messbar umgesetzt werden können.
Neben der erwÀhnten U4SSC-Evaluierung umfasste die Smart City-Potenzialanalyse von Triple A noch finanzwirtschaftliche, standort-/regionalwirtschaftliche sowie marktorientierte Potenziale, Auswertung und Handlungsempfehlungen sowie Impulsprojekte zur Stadtentwicklung. Die Analyse wurde im zweiten Quartal 2020 begonnen und dann aufgrund der COVID-19-Pandemie erst im dritten Quartal 2020 abgeschlossen. Sie basiert auf Zahlen aus den Jahren 2018 und 2019, weshalb die Auswirkungen der Corona-Krise nicht abgebildet sind.
GrundsĂ€tzlich merkt Triple-A wörtlich Folgendes an: âDie Stadt Wels hat (âŠ) eine stimmige Entwicklungsplanung und -umsetzung betrieben, die sie jetzt fast vollstĂ€ndig im oberen Drittel nach den U4SSC Kriterien positioniert. Diese Position zu halten und auszubauen ist wie bisher durch eine Vielfalt von stimmigen EinzelmaĂnahmen zu erreichen (âŠ). Diese EinzelmaĂnahmen mĂŒssen die StĂ€rken und Chancen nutzen, um SchwĂ€chen und die Wirkungen möglicher Risiken zu mindern.ââ

Positiv wird bei der Strategie und Planung hervorgehoben, dass es in mehreren Bereichen bereits verwertbare Ist-Analysen (etwa im Tourismus, im Sozialbereich hinsichtlich Mitarbeiterzufriedenheit etc.) sowie Leitbilder (Stadtverwaltung insgesamt, Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen etc.) gibt. Diese erscheinen Triple-A manchmal sehr detailliert, was zwar die Verbindlichkeit erhöhe. Eine langfristige Vision mit einer Zielsetzung fĂŒr die Stadt Wels liege jedoch â zumindest zum Zeitpunkt der Analyse â vorerst nicht vor.
Bei den Finanzen wird der Stadt jedenfalls bis zur COVID-19-Pandemie eine solide, konsolidierende Haushaltpolitik bescheinigt, bei der Verwaltung eine Erhöhung der Effizienz (Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten konnten reduziert werden). Beim Stadtmarketing wĂŒrden solide MarketingplĂ€ne mit klaren Zielvorgaben und definierten Kennzahlen vorliegen. Als groĂen Erfolg wertet Triple-A die geringen LeerstĂ€nde in der Innenstadt.
Wels ist laut Potenzialanalyse im Wirtschaftstourismus (Messe, Unternehmen) stark. Beim Freizeittourismus liegt der Fokus auf dem Radrennsport und Tagestouristen, die zum Einkaufen in die Stadt kommen. Im Freizeitbereich gebe es ein gutes Angebot an Sportanlagen, die relative NĂ€he zur um einiges gröĂeren Landeshauptstadt Linz wirke hier jedoch erschwerend.
Gut gefĂ€llt Triple-A in der Wirtschaft der Branchenmix, der einen robusten Wirtschaftsstandort schaffe, wenngleich derzeit noch relativ wenig ânew economyâ vorhanden sei. Freilich wĂŒrden in diese Richtung die bestehende Fachhochschule sowie â so sie nach Wels kommen sollte â die technische UniversitĂ€t Potenziale eröffnen. Lobend wird im Bereich Bildung & Soziales weiters erwĂ€hnt, dass in Wels alle bekannten Schultypen vorhanden sind.
Hinsichtlich Infrastruktur, MobilitĂ€t und ökologische Nachhaltigkeit sieht Triple A die Bereiche Verkehr, Energie, Raumplanung, Telekommunikation, öffentlicher Verkehr und Nachhaltigkeit als StĂ€rken von Wels. Bei der Bevölkerung könne weiteres Wachstum nur durch Zuwanderung erzielt werden, die bestehende und geplante Infrastruktur könne dieses Wachstum (derzeit) aufnehmen. Die Bereiche Integration und Wohnbau (Neubau und Renovierung) werden â so Triple-A â als bestĂ€ndige Aufgaben erhalten bleiben.
Ergebnis SWOT-Analyse
Weiters fĂŒhrte Triple-A fĂŒr Wels auch eine SWOT-Analyse (Strengths â Weaknesses â Opportunities â Threats) durch. Als StĂ€rken werde dabei die (vor COVID-19) solide Finanzlage, die robuste Wirtschaft mit zahlreichen klein- und mittelstĂ€ndischen Unternehmen sowie einer groĂen Vielfalt an Branchen, der Status als Messe- und Veranstaltungsstadt und als Bildungs- und Ausbildungsstadt, die funktionierende und derzeit ausreichende Infrastruktur, die gute Aufstellung in der Ăkologie sowie die zentrale Lage inmitten des Bundeslandes Oberösterreich gesehen.
Chancen fĂŒr die Stadt Wels bestehen fĂŒr Triple-A in den FlĂ€chenreserven, in den Gestaltungsmöglichkeiten einer Messe âneuâ (sowohl in inhaltlicher als auch in formaler Hinsicht), in einem weiteren Ausbau des Wirtschafts- und Messetourismus sowie im Kreativpotenzial der Höheren Technischen Bundeslehranstalt, der FakultĂ€t fĂŒr Technik und Angewandte Naturwissenschaften der Fachhochschule Oberösterreich sowie â falls Wels bei der Bewerbung erfolgreich ist â in der als âUmbrella UniversitĂ€tâ konzipierten Technik-Uni. Auch der finanzielle Gestaltungsspielraum wird als Chance gesehen (wenngleich dieser eventuell durch die COVID-19-Krise eingeschrĂ€nkt sein könnte).
Die SchwĂ€chen von Wels sieht Triple-A in der relativ geringen Qualifikation vieler ArbeitskrĂ€fte und in der eher gering vertretenen ânew economyâ. Weiters gebe es wenig Attraktionen fĂŒr Freizeittourismus mit NĂ€chtigungen sowie im Bereich Kultur und Freizeit die Konkurrenz zum nahen Linz. Die Risiken liegen laut Triple-A darin, dass mittlere und obere Einkommensschichten verstĂ€rkt in Umlandgemeinden ziehen (âSuburbanisierungâ). Auch der Bereich Integration werde als Herausforderung bestehen bleiben. Weiters behindern die Corona-EinschrĂ€nkungen die Messeveranstaltungen.
Zitate
BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl: âWels ist erneut die österreichische Nummer eins! Das UNO-Zertifikat freut mich besonders, da es die erste internationale Auszeichnung fĂŒr Wels ist. Wir haben uns dafĂŒr mit hunderten anderen StĂ€dten gemessen. Diese Anerkennung macht deutlich, wie positiv sich unsere Stadt entwickelt. Wir sind auf einem sehr guten Weg, und diesen werden wir konsequent weiter gehen. Wir werden deshalb auch die Chancen, die die Analyse ergeben hat, nutzen und Wels fĂŒr die Zukunft fit machen.â
Stadtrat Peter Lehner (Wirtschaft und Stadtentwicklung): âWels braucht eine umfassende, durchdachte und zukunftsorientierte Strategie, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern, die Potenziale zu heben und die Weichen fĂŒr eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Gemeinsam mit der Bevölkerung mĂŒssen wir eine Vision, das Zukunftsbild Wels 2035, entwickeln und umsetzen.â
Dr. Stefan Mackowski (Triple A Analytics): âDie Analyse zeigt, dass die Stadt Wels ĂŒber eine gute Ausgangsbasis zur Weiterentwicklung seiner Position verfĂŒgt. Dies insbesondere, wenn man berĂŒcksichtigt, dass einige Potenziale aktuell noch nicht systematisch genutzt werden. Insbesondere die Handlungsbereitschaft der Stadtvertreter kann hier den entscheidenden Impuls dazu geben, eine Vorreiterrolle in der Region Hausruckviertel einzunehmen und wichtige Impulse fĂŒr die Region zu geben. Triple-A vergibt somit das Triple-A GĂŒtesiegel dafĂŒr, dass sich Wels der intensiven Evaluierung in den Dimensionen Strategie und Planung, Stadtmarketing und Wirtschaft unterzogen hat.â
Dr. Cristina Bueti (UNO-Organisation ITU): âThe city of Wels was a great candidate for implementing the U4SSC KPIs for several reasons. This historic city is one of the most important commercial and cultural centers in Austria. Its beautiful environment and richness in culture have attracted tourists and visitors to the city from all over the world. The cityâs strong foundation for tourism is complemented by a diverse economy which comprises of a prominent service sector as well as industrial and agricultural sectors. This dynamism has created exceptional synergy that has enabled Wels to drive innovation and transformation. The U4SSC KPIs can help the city to refine its innovation strategy and align it with important global commitments such as the Sustainable Development Goals. That is why Wels was the ideal city to implement the U4SSC KPIs.â
Im Bild (v.l.):
Stadtrat Peter Lehner, BĂŒrgermeister Dr. Andreas Rabl und Dr. Stefan Mackowski. Digital zugeschaltet: Dr. Cristina Bueti
